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Nazis wegbaden – Geht das überhaupt?
Gegen 12.00 Uhr am Ostseebad in Flensburg: Wasser- und Lufttemperatur liegen bei 3°, gefühlt noch ein paar Grad weniger. Der Himmel ist grau. Bedingungen, zu denen es am Sonntagvormittag wohl wenige herausziehen würde – heute ist es jedoch anders.
Es haben sich geschätzte 500 Menschen am Strand zusammengefunden. Auf dem Wasser kreuzt die DLRG und an der Promenade steht ein Rettungswagen bereit.
Über den Strand schallt Punkrock und dort ist auch ein Infotisch von „Kein Bock auf Nazis“ platziert – mit einer Spendendosen für eben jene Initiative und einer weiteren Dose für „Eisbademeisters Hamburg“.
Während sich „Kein Bock auf Nazis“ um Bildungsarbeit gegen rechts kümmert, haben die „Eisbademeisters Hamburg“ die Idee für „… für Wärme ins kalte Wasser zu springen…“, also Spenden für soziale Zwecke zu sammeln in Hamburg etabliert und laden dort regelmäßig zu Badeevents ein. Zuletzt Mitte Januar zusammen mit dem FC St. Pauli.
Aus dem St. Pauli-Umfeld gelangte die Idee nach Flensburg und innerhalb weniger Tage lud ein breites Bündnis von Unterzeichnern zum Eisbaden. Dabei waren unter anderen die Europa-Universität Flensburg, der Jugendtreff exxe, der Flensburger Jugendring, das Diakonische Werk, die Flüchtlingsinitiative Flensburg sowie die Sportpiraten, von denen Dirk Dillmann den Wasserlauf einläutete.
Eher zufällig ergab sich, dass die über hundert Winterbader vom Strand Richtung des Badesteges mehr liefen als schwammen und dort über die Badetreppe zwischen den Zuschauern, die das Event vom Steg aus beobachtet hatten, zurück zum Strand gelangten. Die Stimmung war großartig, die Winterbader:innen bildeten einen schönen Querschnitt durch alle Altersstufen ab. Was alle Beteiligten verband: Die Idee von einer bunten, vielfältigen Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Rassismus und die Freude darüber, dass in unserer Stadt so kurzfristig so viele Menschen zusammen kommen, um ein Zeichen zu setzen.
Genau darum ging es bei dieser Veranstaltung letztendlich: Bewusstsein schaffen in einer Zeit, in der Rechtsextreme überall in Europa das Wort ergreifen, die AfD aus jeder Wahl gestärkter hervorgeht und in der Nazis, mittels nicht mehr allzu konspirativer Treffen, Abschiebephantasien entwickeln. Um die Frage aus der Überschrift aufzugreifen: Natürlich gibt es nicht einen Nazi weniger auf der Welt, weil sich ein paar Menschen bei unkomfortablen Temperaturen der Ostsee aussetzen. Es ist jedoch ein Zeichen dafür, dass Rechtsextremismus und Rassismus vielen Menschen in Flensburg nicht egal sind.
Nach dem Baden gab es Tee und Kaffee, die Spendenboxen wurden gut frequentiert und zum Ende des Events zog dann auch noch über Mürwik ein Regenbogen auf – nur die Füsse waren noch recht kalt.
…und ach: Vielen Dank an Daniel fürs Fotografieren, den ich vorher nicht kannte und dem ich meine Kamera in die Hand gedrückt habe – da ich ja selbst auch baden wollte!