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Die Lassie Singers, Die Toten Hosen, Dingficker, Funny van Dannen, Götz Alsmann, Herzscheisse, Liedermacher, Nuttenauto, Rantanplan, wiglaf Droste, Wolfgang Wendland
Funny van Dannen – 20.12.2023 Pumpe in Kiel
Ich bin Fanboy. Das seit 2004 und mit Ü50. Ich glaube, das erste Stück, welches ich von Funny van Dannen kennen lernen durfte, war „Nuttenauto“. Wer Funny van Dannen nicht kennen sollte, darf jetzt trotzdem weiterlesen. Niemand ist in der Lage Vulgärsprache so schön in seine Lieder einzubauen, ohne dass es ihm übel genommen werden kann. Neben dem besagten Auto kann es bei Funny um Dingficker, Herzscheisse oder Posex & Poesie gehen. Ihn auf eine Art Wolfgang Wendland für FaZ oder taz-Leser zu reduzieren, würde ihm jedoch nicht gerecht werden.
Vor Jahren bekam ich einmal eine Götz-Alsmann CD geschenkt mit den Worten „Hört sich an wie Schlager, ist aber Punk.“ Nö… war Schlager, wenn auch der erträglichen Art.
Von Funny van Dannen kann jedoch gesagt werden: Hört sich an wie Liedermacher, ist aber Punk. Funny sprengt Genregrenzen, das haben auch Rantanplan und die Toten Hosen erkannt und verwenden gerne seine Melodien und Texte – nicht unbedingt seine Besten, aber einige der Eingängigsten. Herr van Dannen bietet neben herrlich absurden, poetischen, philosophischen und eben auch manchmal leicht anstößigen Inhalten den Vorteil, dass die Fans mit ihm zusammen altern können, was nicht mit allen Bands möglich ist, die sich so in der Subkultur tummeln.
Ist Funny von Dannen Subkultur? Nein, wohl eher nicht, dafür können sich vermutlich zu viele Menschen auf ihn einigen. Begonnen hat er vor Dekaden einmal bei den Lassie Singers – jene auch immer eher Pop als Punk – und trotzdem hiermit allen als ein kulturelles Kleinod empfohlen.
Funny ist witzig und politisch, dies mit einem hohen Anspruch an die Moral ohne aber jemals den Zeigefinger zu erheben oder gezielt in eine klare Richtung auszuteilen. Wenn ausgeteilt wird, dann in der Regel nach oben oder eben gegen das Brett vor dem Kopf. Darum geht es in den Texten: Geschichten zu erzählen, Gedankenspiele weiterzudenken oder einfach kleine absurde Gemälde im Kopf entstehen zu lassen – zur Kreativität anstacheln. Alles ohne Wut und Resignation, dafür aber mit viel Menschenliebe – und gerade deswegen auch mit viel Ironie.
Es gibt Alben, auf den Funny van Dannen mit Band oder anderer musikalischer Begleitung unterwegs ist, aber eigentlich reicht ihm die Gitarre und sein unglaublicher Charme. Den besonderen Reiz machen die improvisiert wirkenden Plaudereinen zwischen den Liedern – irgendwo zwischen Selbst- und Publikumsgespräch. Wenn es dabei manchmal auch um Fußball geht, sei ihm das verziehen, schließlich wäre er fast einmal Fußballer geworden.
Bei Funny van Dannen-Konzerten darf ruhig gesessen werden, insbesondere wenn es sich um eine kombinierte Lese- und Gesangstour handelt, wie bei der aktuellen „Angst vor Gott und songs to go–Tour“, bei der ich jüngst in Kiel war. Im ersten Block des Abends, dem Leseblock, agierte Funny zwischen den einzelnen Texten noch ein wenig mit dem Publikum – wie gewohnt. Auffällig oft nahm der Künstler dabei Bezug auf seine Erkrankung und dem daraus resultierenden, sich selbst auferlegtem, Verzicht auf Alkoholika, was ihm schon ein wenig zusetzen täte.
Leseblock? Ich vergaß zu erwähnen, dass der Mann neben seinen phantastischen Songs auch noch großartige absurde Texte und Gedichte schreibt. Malen kann er übrigens auch noch.
Der verstorbene Wiglaf Droste sagte einmal sinngemäß über seinen Kollegen, dass dieser ein begnadeter Autor und Maler sei… die Songs, für die ihn die Menschen so lieben täten, seien der schwächste Part seines kreativen Ausstoßes. Nunja…bekanntlich scheißt der Teufel ja immer auf den größten Haufen.
Insgesamt waren dem Künstler aber an diesem Abend nicht nur die Gesundheit sondern auch die allgemein sonst eher positive Laune verhagelt. Die aktuelle politische Situation, welche in den bekannten militärischen Auseinandersetzungen gipfelt, waren immer wieder Thema – Täter und Taten wurdendeutlicher benannt als sonst von ihm gewohnt.
Offensichtlich wollte Funny sein Publikum – bunt gemischt von gut bürgerlich bis punkig – anregen eigene Positionen zu entwickeln. Leider hetzte er durch den zweiten Teil, dem musikalischen Part des Abends. Er erschien mit einem Schwung Songtexte, welche ohne wesentliche Anmoderationen recht fix vom Blatt herunterspielt wurden. Das Konzert am nächsten Abend in Hamburg wurde dann auch wegen Krankheit abgesagt.
Die eigentliche Sensation für mich war, dass meiner achtzigjährigen Mutter, die jeden kreativen Gedanken und jede unflätige Äußerung meinerseits missbilligt, von dem Künstler begeistert war und gar nicht mehr aus dem Lachen heraus kam. Vielen Dank dafür, lieber Funny!